TEIL 2: LANDGANG BRAUEREI
Hamburg ist Craft-Beer-Land: Die flĂŒssigen Geschmacksexplosionen erfreuen sich einer groĂen Beliebtheit, nicht nur in der Schanze oder auf dem Kiez haben sie einen festen Platz in den Bars erobert. Kein Wunder, immerhin finden sich in der Hansestadt auch eine Vielzahl der kreativen Produzenten. In unserer Serie stellen wir euch die beliebtesten unabhĂ€ngigen Hersteller vor â heute legen wir den Anker im Westen der Stadt und werfen einen Blick hinter die Kulissen der Landgang Brauerei, wo wir mit MitgrĂŒnder Sascha ĂŒber kuriose Verwechslungen, die schwierige Immobiliensuche und den Zusammenhalt in der Szene gesprochen haben.
Geht es um Craft Beer, dauert es nicht lange, bis der Name Landgang fĂ€llt. Die Bier-Liebhaber aus Bahrenfeld haben sich fest auf dem Markt etabliert und sind sogar preisgekrönt, zehn internationale Titel konnten die Jung-Brauer bereits sammeln. Sieben Sorten mit knallig-bunten Etiketten und auffĂ€lligen Namen wie âAmerikanischer Traumâ oder âDunkle Machtâ sind ganzjĂ€hrig vorhanden, wĂ€hrend saisonale Specials das Sortiment zeitweise erweitern.
Von der Leidenschaft zum Beruf
Doch wie kommt man ĂŒberhaupt dazu, mit den gesetzlich reglementierten Zutaten so zu experimentieren, dass immer wieder neue Nuancen den Gaumen umspielen â und aus dem âStandardgetrĂ€nkâ mehr Genuss als reine ZweckerfĂŒllung wird? Chef-Brauer Sascha muss schmunzeln, ursprĂŒnglich konnte er mit allen Bierarten abseits von Pils wenig anfangen und wollte Schiffbauer werden. Nach dem geschmissenen Studium keimte der Gedanke auf, mit seiner Leidenschaft Alkohol Geld zu verdienen, immerhin stellte er bereits mit 16 Jahren erstmals Apfelmost her und ist ein groĂer Whisky-Fan.
Ăber Umwege verschlug es den Norddeutschen in die Hauptstadt. Kaum in Berlin angekommen, trank er in einer kleinen Brauerei sein erstes India Pale Ale â und war âsofort geflashtâ, wie er heute sagt. Da das Unternehmen einen Lehrling suchte, kaufte er sich am nĂ€chsten Tag Gummistiefel, startete sofort die Ausbildung und saugte alles Wichtige ĂŒber das Zusammenspiel von Wasser, Hopfen, Malz und Gerste auf. Mit diesem Wissen im GepĂ€ck wollte Sascha von Kanada aus die amerikanische WestkĂŒste bereisen, um neue SudhĂ€user und Bierstile kennenzulernen.
Helle Aufregung in Hamburg
Doch es kam anders: ZufĂ€llig lernte er Marketing-Profi Lars sowie Gastronom Tim kennen, und gemeinsam reifte der Traum eines Brauhauses mit Restaurant in Hamburg. Mit dem Lager âHelle Aufregungâ wurde 2015 noch als Lohnbrenner der Startschuss gesetzt, parallel stand die Suche nach einem eigenen Standort an. âDoch entweder waren die Immobilien nicht bezahlbar oder am Arsch der Weltâ, erinnert sich Sascha. AuĂerdem wĂ€re das Team durch den kleinen MaĂstab eines Brauhauses bei der Bierherstellung weiter von externen Anbietern abhĂ€ngig gewesen. Also wurde der Plan erneut umgeworfen, und es entstand die Idee, eine eigene Brauerei zu eröffnen.
Verwechslungsgefahr im Bierregal
Rund ein Jahr nach der Ankunft in Hamburg fanden sie schlieĂlich ihr neues Zuhause: Seit 2016 sprudelt der Gerstensaft in den Tanks sowie der integrierten Bar â einem ausrangierten Seecontainer mit Holzplanken aus einem Reeperbahn-Etablissement â auf einem ehemaligen KĂŒhne-WerksgelĂ€nde in Bahrenfeld. Allerdings hieĂ bis dato lediglich das eigene Pils Landgang, da sich das Start-up den Namen Hopper BrĂ€u gab. Klang gut, allerdings gab es einen Haken: In SĂŒddeutschland war bereits das von Markus Hoppe gegrĂŒndete Hoppe BrĂ€u vertreten.
âBeide Brauereien waren relativ klein, wir saĂen im Norden, Markus im SĂŒden. Was sollte schon passieren? Doch mit der Zeit haben wir beide zunehmend mehr Bier verkauft, was dazu fĂŒhrte, dass es immer öfter zu Verwechslungen kamâ, erklĂ€rt der BarttrĂ€ger der Landgang Brauerei. Bis diese Konfusion einer groĂen Handelskette zu bunt wurde und sie ein Ultimatum setzte: Entweder, einer Ă€ndert den Firmennamen, oder beide fliegen aus dem Sortiment. âDa keiner von uns mit Nachnamen Hopper heiĂt und Markus schon frĂŒher auf dem Markt war, hatten wir schlechte Kartenâ, blickt Sascha zurĂŒck. Es folgten lange Brainstorming-Runden mit viel Bier, bis man sich auf Landgang einigte.
Klosteine und AufklÀrungsarbeit
Heute suchen die mittlerweile elf Mitarbeiter nur noch Namen fĂŒr die vielen kreativen Ideen, die Sascha in einem Buch vermerkt und nach und nach ausprobiert. Innovationen aus Bahrenfeld werden noch immer bei öffentlichen Verköstigungen auf Herz und Nieren geprĂŒft â mit teilweise unterschiedlichstem Feedback. âManche trinken ihr erstes India Pale Ale, und ihnen geht ein Licht auf. Andere sagen: âDas schmeckt ja wie Klostein!ââ, lacht Sascha. Dass er festgefahrene Pils-Trinker bei BrauereifĂŒhrungen zum Probieren unbekannter Biere ĂŒberzeugen musste, gehört zum Selbstbild des Bier-Pioniers der Landgang-Brauerei.
Deswegen kommt es fĂŒr ihn umso mehr auf die gegenseitige UnterstĂŒtzung zwischen den Craft-Beer-Brauern an, um gegen die Branchenriesen bestehen zu können: âMan sieht sich regelmĂ€Ăig, trinkt Bier zusammen und tauscht sich aus, weil alle frĂŒher oder spĂ€ter die gleichen Probleme haben. Wir helfen uns, so gut es geht.â Davon profitieren schlieĂlich auch die Kunden, wie Sascha sagt: âIch glaube, dass wir nur alle zusammen die Szene und den Konsumentenstamm wachsen lassen können â weil du nicht einfach nur das Bier lieferst, sondern gleichzeitig AufklĂ€rungsarbeit leistest. Es geht darum, die Leute zu begeistern.â
Ist dein Wissensdurst noch nicht gestillt? Hier liest du die Geschichte von der Kehrwieder Kreativbrauerei.