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Vasektomie – mehr als heiße Luft

Über eine Sterilisation zu reden, fällt vielen Männern schwer. Masterbarbier Anthony hat sich im Sommer dem ungefährlichen Eingriff unterzogen – und muss seitdem mit vielen Mythen aufräumen: Wird etwa der gesamte Hodensack entfernt? Und was passiert mit den Spermien? Wir haben mit dem Urologen Dr. Sascha Wilken über Vorurteile und Vorteile der Vasektomie beim Mann gesprochen.

„Hast du jetzt ein Hormonproblem?“ Kaum eine Frage wird Anthony öfter gestellt, seit er die Vasektomie durchführen ließ. Er spricht das Thema bei Freunden und Kunden offen an – und wird regelrecht gelöchert. Von unausgewogenen Hormonspiegeln über heiße Luft bei der Ejakulation bis hin zum Samenstau – viele Männer wissen erschreckend wenig über diese Verhütungsmethode. Als würde man neben einem winzigen Stück Samenleiter auch seine gesamte Männlichkeit zurücklassen, scheut sich ein Großteil, tiefer in das Thema einzusteigen.

„Du stirbst mit Samenstau an Hammeleiern“

Diese Vorurteile hat Dr. Sascha Wilken alle bereits zur Genüge gehört. Vom fehlenden Orgasmus bis hin zum dauerhaft schlaffen Glied befreit er täglich Männer von diesen unbegründeten Sorgen. „Manche Patienten sind vom Informationsstand völlig unbedarft und kommen ohne jegliches Hintergrundwissen, andere sind hingegen gut vorgebildet. Vor allem im Internet gibt es eine bunte Informationsflut, wobei vieles nicht wahr ist“, sagt der Mediziner. Vorweg: Keine Panik. Sex nach einer Vasektomie beim Mann funktioniert immer noch wie vorher.

Der Penis wird weiterhin steif, und es kommt auch zum Ausstoß des Ejakulats – quasi ein Samenerguss, nur ohne Sperma. Die abgegebene Flüssigkeit besteht bei Männern sowieso nur zu einem minimalen Anteil aus Samenfädchen, „der Rest ist im Prinzip ein Begleitsetkret, das unter anderem in der Prostata gebildet wird“, so Dr. Wilken. Wie im ursprünglichen Zustand bilden die Hoden weiterhin Spermien, die der Körper nach und nach „recycelt“. Der Arzt erlebt regelmäßig, dass nach der Beantwortung dieser Frage die Patienten beim Aufklärungsgespräch erleichtert durchatmen. Im Rahmen des Pflichttermins vor der Operation werden die Männer über den Eingriff, mögliche Risiken und Nebenwirkungen sowie die Nachkontrollen informiert, außerdem findet eine körperliche Untersuchung statt.

Mit Kurt Cobain im OP

Rund zwei Wochen später wird’s ernst. Bei der ambulanten Operation erhalten die Patienten eine lokale Betäubung, die in den Hodensack gesetzt wird – der optimale Moment für den Chef von Eric:Barbier, mit Dr. Wilken von „Sie“ auf „du“ zu wechseln – oder wie Anthony es beschreibt: „Wann kommt einem jemand auch so nah?“ Für kollektives Kopfwippen sorgt der Musikwunsch des Masterbarbiers, als im OP-Saal Nirvana läuft.

Während des Eingriffs setzt Dr. Wilken einen rund ein Zentimeter langen Schnitt am Hodensack, der später in der Fältelung verschwinden wird. Über die kleine Öffnung erreicht er den rechten und linken Samenleiter, die durchtrennt werden. In mühsamer Feinarbeit entnimmt der Operateur zudem jeweils ein kleines Stück, bevor er die Enden versiegelt, umklappt und verknotet. Diese vier Sicherheitsschritte unternimmt der Arzt bei jeder Vasektomie beim Mann – sicher ist sicher. Schmerzen? Fehlanzeige. „Ich habe überhaupt nichts gespürt und meiner Frau sogar immer wieder Fotos geschickt“, sagt Anthony. Nach der gut verlaufenen OP durfte er nach Hause gehen und sollte sich schonen, da an den ersten beiden Tagen ein Nachblutungsrisiko besteht.

Kater in der Leiste

„Am Tag nach der Operation empfangen wir die Patienten zur Nachkontrolle, bei der wir ein Ultraschall und eine Tastuntersuchung machen. Viele merken zunächst ein gewisses Druckgefühl, das aber ganz normal ist, da sich Wundflüssigkeit sammelt“, so Dr. Wilken. Diese Begleitbeschwerde strahlt oft wie ein Muskelkater bis in die Leiste aus, kann mitunter allerdings auch an einen Tritt in die Weichteile erinnern. Nach wenigen Tagen klingt das aber wieder ab. Sollte sich der Hodensack jedoch verfärben oder deutlich anschwellen, ist ein erneuter Besuch beim Arzt geboten.

Direkt nach dem Eingriff ist ein Mann noch immer zeugungsfähig, da sich letzte Spermien auf den oberen Abschnitten der Samenleiter befinden. „Man muss mindestens 20 Samenergüsse haben, um die anatomischen Verhältnisse einmal richtig freizupusten – ich vergleiche das immer mit Rohrfrei. Wie diese Orgasmen entstehen, also im Geschlechtsverkehr oder per Masturbation, spielt dabei keine Rolle“, erklärt der Urologe. Ist die Mindestanzahl erreicht, wird der Erfolg der Operation mit zwei Spermiogrammen sichergestellt. Erst, wenn keine Samen mehr in den Proben erhalten sind, gilt der Mann als steril.

Eine einschneidende Entscheidung

„Ich habe mit meiner Frau vier Kinder, unsere Familienplanung ist abgeschlossen. Außerdem wollte ich nicht, dass sie Hormone nehmen muss, um zu verhüten“, nennt Anthony seine Beweggründe für diesen Schritt. Zudem ist die Sterilisation beim Mann wesentlich einfacher durchzuführen als ein vergleichbarer Eingriff am weiblichen Körper. Eine Argumentation, die der Facharzt häufig hört: „Weit über 90 Prozent der Patienten, die zu uns kommen, wollen den Eingriff unbedingt machen“, berichtet er. Einige wenige Männer überdenken nach dem ersten Termin ihren Beschluss allerdings nochmal.

„Eine Vasektomie beim Mann ist eine einschneidende Entscheidung, da anschließend nur noch über Umwege eine Familienplanung möglich ist“, sagt Dr. Wilken. Stellt die Operation „keine hohe Schwierigkeitsstufe“ dar, ist eine Wiederherstellung der Fruchtbarkeit ungemein komplizierter – und teurer. Während das Durchtrennen der Samenleiter zwischen 450 und 700 Euro kostet, liegt die „Rückbauung“ preislich zwischen 3.000 und 5.000 Euro. Alternativ bleibt noch die künstliche Befruchtung, für die Spermien per Hodenbiopsie entnommen werden.

Wir finden: Es ist Zeit, über dieses Thema offen zu sprechen und die vielen Vorurteile aus der Welt zu schaffen. Die Verhütung in einer Partnerschaft geht immer beide an – ein echter Mann sollte sich nicht dafür schämen, dass er seine Frau unterstützt.

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