Black Lives Matter, Rassismus, Demonstrant mit Schild

Rassismus im Alltag

#BLACKLIVESMATTER

Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat Deutschland erreicht: In vielen Großstädten wie Hamburg und Berlin wird in Demonstrationen Gleichberechtigung für alle Menschen gefordert, unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe. Von Solidaritätsbekundungen der Politiker bis hin zur unterstützenden Trikotwerbung im Halbfinale des DFB-Pokals gab es viel Zuspruch für die Proteste. Doch reicht das aus? Wir haben mit Masterbarbier Anthony Stölting über Rassismus im Alltag gesprochen.

„In unserem Team hat fast jeder schon Erfahrung mit Rassismus im Alltag gemacht“, verrät Anthony. Der Chef von Eric:Barbier ist Sohn eines Italieners und einer Ghanaerin und wuchs in Berlin und Hamburg auf. Schon als Kind schärfte ihm seine Mutter ein, „dass ich in der Schule mehr geben muss, weil ich schwarz bin – das baut Druck auf.“ Während in Berlin aufgrund der vielen US-amerikanischen Besatzungssoldaten schwarze Einwohner zum Stadtbild gehörten, war er im britisch besetzten Hamburg der 80er-Jahre fast ein Exot.

„Ich erinnere mich, als ich mit ungefähr 13 Jahren im Bus gefahren bin und mir eine ältere Frau einfach in die Haare fasste und sagte, dass sie immer schon wissen wollte, wie sich die Locken anfühlen“, erinnert er sich. Bei der Bundeswehr-Musterung – Anthony war fest entschlossen, sich für die Kampfschwimmer zu verpflichten – wurde dem sportlichen 18-Jährigen zwar die körperliche Eignung attestiert. Doch nach der Erklärung, die Spezialkräfte seien eine „eingeschworene Truppe“, erhielt Anthony nie wieder eine Rückmeldung.

Rassismus hat viele Gesichter

Auch rund 30 Jahre später werden Menschen mit anderer Hautfarbe und Migrationshintergrund oftmals ausgegrenzt oder schlechter behandelt als ihre weißen Nachbarn. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung vertreten sieben Prozent der Bevölkerung rassistische Auffassungen, nahezu ein Fünftel ist fremdenfeindlich eingestellt. Das sogenannte Racial Profiling, nachdem Bürger aufgrund von äußeren Merkmalen von der Polizei kontrolliert werden, ist hierzulande ebenfalls kein Ausnahmefall.

Dabei fängt Rassismus im Alltag bereits bei vermeintlichen Kleinigkeiten an, wie Anthony verrät: „Oft gibt es Sprüche, die sind witzig gemeint, haben aber immer einen gewissen Beigeschmack.“ Zudem wird sich an Vorurteilen bedient, um den Erfolg anderer zu schmälern: „Wenn Menschen mit Migrationshintergrund teure Autos fahren, heißt es oft, dass sie diese mit Drogengeschäften finanzieren müssten. Dass sie sehr geschäftstüchtig und wirtschaftlich erfolgreich sind, scheint gar keine Option zu sein.“

Gefahr und Hoffnung

Dieser Rassismus im Alltag hat für die Betroffenen nicht selten direkte Auswirkungen auf viele Lebensbereiche. „Unser Mitarbeiter Mr. Mahfouz sucht seit zwei Jahren eine neue Wohnung in Hamburg – ohne Erfolg.“ Auch Anthony und seine Frau haben bereits erlebt, dass Vermieter die Tür bei einer Besichtigung einfach nicht öffneten, nachdem sie das Paar im Treppenhaus sahen. „Die Gefahr ist in meinen Augen, dass man permanent abgewiesen wird und vermittelt bekommt, dass man nicht dazugehört. So grenzen sich Gruppen aus und die Vorurteile bleiben.“

Rassismus ist kein „weißes“ Problem – Ressentiments sind in allen Gesellschaftsgruppen vorhanden, unabhängig von Farbe oder Herkunft. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, hofft der Masterbarbier auf die nächsten Generationen: „Unsere Kinder wachsen in einer Nachbarschaft auf, in der viele Nationen zusammenkommen. Sie kennen von sich aus keinen Rassismus, es wäre toll, wenn sie das beibehalten. Ich möchte bei ihnen auch nicht das Gefühl hervorrufen, dass sie anders wären als andere Kinder – das ist mir ganz wichtig.“

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